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Fick Dich, Corona!

Podcast

O ’zapft is! Als alternatives Unterhaltungsprogramm zum abgesagten Oktoberfest, wird auf der Münchner Theresienwiese jetzt Blut abgezapft. Ich war aus Neugier hingegangen, weil Markus Söder seit Tagen damit geprahlt hatte, dass er dort das beste, schnellste und zuverlässigste Testverfahren der Welt einführen würde. Und tatsächlich: Dank raffiniertem Hightech-Verfahren – mein Blut lief über einen Schlauch direkt in einen Großrechner – lag meine Diagnose binnen einer Minute vor: Positiv!

Keine Sorge, alles wird gut!

Noch bevor ich mich sorgen konnte, ertönte die sanfte Stimme von Markus aus dem Computer: Keine Sorge, wir kümmern uns um sie. Alles wird gut! Ich bekam eine Armbinde verpasst und ein Astronaut führte mich in einen abgesperrten Bereich zu all den anderen Positiven.

Ab ins Lager

Von dort aus ging es mit dem Bus weiter in ein Quarantäne-Lager außerhalb der Stadt. Unterwegs kam der Bus von der Fahrbahn ab, stürzte eine Böschung hinunter und wir flüchteten in die umliegenden Wälder. Dort trafen wir auf andere Aussätzige, die sich in einer Art Robin Hood-Camp organisiert hatten. Anführer der Geächteten war ein Franzose. Er brachte jedoch nicht, wie Robin Hood, mit Pfeil und Bogen geschossenes Wild ins Camp, sondern führte uns, nach Sonnenuntergang, zum Dinner in ein nahegelegenes Dorf. Dort verwandelten sich die Positiven plötzlich in Zombies.

Corona-Antidot: Jungfrauenblut!

Die Dorfbewohner waren offensichtlich ihr Abendmahl. Als sich die Corona-Zombies wahllos über die schlafenden Einwohner hermachen wollten, wurden sie vom Franzosen lautstark ermahnt, gefälligst nur die Jungfrauen zu verspeisen.

Anscheinend war deren Blut das einzige, was einen Corona-Zombie am Leben erhalten konnte. Klar, dass der Franzosenlümmel den ersten Biss hatte, bevor seine Jünger an der Reihe waren. Als ich schließlich aufgefordert wurde, an den Resten einer Jungfrau rum zu knabbern, wachte ich auf.

Traumanalyse

Ich musste lachen und tat mir schwer, einen tieferen Sinn in dem Traum zu sehen. Womöglich hatte ich einfach zu viel Netflix gesehen. Angst vor Corona oder einer Quarantäne habe ich nicht. Aber da ein männlicher Franzose per se nichts Gutes bedeuten kann, habe ich mich dennoch ein wenig gesorgt und mir die Mühe gemacht, den Traum mit Hilfe von einschlägiger Literatur zu analysieren.

Franzose = Leichtigkeit

Und siehe da, der Franzose steht demnach angeblich für die Leichtigkeit. Wenn er im Traum auftaucht, kann das wahlweise bedeuten, dass man sein leichtsinniges Leben etwas ernster oder sein schwermütiges Leben etwas leichter nehmen sollte.

Filmreife Traumbesetzung: Oscar-Preisträger Jean Dujardin gab den französischen Robin Hood .

Das Schlimmste ist das Nichtgebrauchtwerden!

Mein Leben könnte aktuell kaum schwermütiger sein. Nach sechs Monaten voller Entbehrungen gehe ich auf dem Zahnfleisch. Ich hatte vier Jobs seit Pandemiebeginn und empfinde das Nichtstun und vor allem das Nichtgebrauchtwerden, als unerträglich. All die Lückenfüller, wie Bergwandern, Töpferkurs oder Chinesisch-Unterricht, langweilen mich. Ich kann mich für nichts mehr begeistern.

Auf Netflix gibt es nichts Sehenswertes, was ich nicht schon kennen würde. Ich habe Better Call Saul (50 Folgen á 60 Minuten) sowie Vikings (79 Episoden á 45 Minuten) sogar schon jeweils zweimal gesehen. Mehr Lethargie geht nicht. Auch sportlich geht gar nichts mehr. Ich habe keine Kraft mehr!

Burnout!

Ich bin daher erstmals zu Pilates gewechselt. Die Damen, allesamt mindestens 20 Jahre älter als ich, haben mich alt aussehen lassen. Mein Osteopath hat mir infolge dieser Schmach eine Burnout-Symptomatik attestiert und mir eine Aminosäuren-Aufbaukur verschrieben. Was wie ein Scherz klingt, ist leider keiner. Corona hat mich ausgebrannt!

Bewahrtes Mittel gegen Corona-Depression: Alkohol!

Ich hasse Corona!

War ich anfangs noch dankbar, dass mir von staatlicher Seite finanzielle Unterstützung zuteilwurde, so empfinde ich die materielle Abhängigkeit mittlerweile als demütigend. Wie müssen sich all die armen Sozialhilfeempfänger ihr Leben lang fühlen? Was macht das mit deren Selbstwertgefühl? Das kann nicht gesund sein.

Vor ein paar Monaten hatten die Horror-Stories von Freunden aus Kenia, Brasilien oder Argentinien, noch dafür gesorgt, dass ich dankbar dafür war, dass es mir vergleichsweise so gut geht. Das ist jetzt vorbei. Jegliche Demut ist verflogen. Mein Ego schnappt nach Luft und Corona schnürt mir den Atem ab. Dafür hasse ich Corona. Ich möchte gern mehr Franzose sein.

Die Jungfrau steht für Verzicht.

Über jungfräuliche Symbolik findet sich jede Menge in Sachen Traumdeutung. Sie steht natürlich zunächst mal für Reinheit und Unschuld und somit auch für Entsagungen und Verzicht. Das ergibt  natürlich allemal Sinn. Ich muss, wie so viele, den Gürtel gerade deutlich enger schnallen.

Der typische Soloselbständige

Ich konnte im März nicht zum Arbeiten nach China reisen. Ein, für August geplantes, Tokio-Engagement fiel ebenfalls den Reisebeschränkungen zum Opfer. Eine, für September angedachte Buchveröffentlichung wurde wegen Einbruch des Buchmarkts abgesagt. Zwei große Veranstaltungen, die ich PR-technisch betreuen sollte, fielen sowieso aus. Bereits gebuchte Model-Jobs wurden storniert. Ich bin der typische Soloselbständige, den die dämliche Pandemie mit voller Breitseite erwischt hat.

Alle arbeiten, außer mir.

Angeblich gibt es viele Betroffene wie mich. Ich kenne jedoch keinen. In meinem Umfeld sind alle am Arbeiten. Während der Augustwochen war mein Viertel wie leergefegt. Alle waren im Urlaub. Also haben sie sich diesen wahrscheinlich im Vorfeld auch verdient. Da kann man nur sagen: Augen auf bei der Berufswahl! Im nächsten Leben werde ich Pharmavertreter oder Pizzabäcker.

Einziger Hoffnungsschimmer: „Wenn die Jungfrau im männlichen Traum auftaucht, dann kann das neue berufliche Projekte ankündigen.“ Gott sei Dank hatte ich die Jungfrau nicht gebissen, denn es heißt auch: „Geht der Träumende eine verbotene Beziehung zur Jungfrau ein, kommt es zu Ärger und Misserfolg.“

Muss ich in Quarantäne, wenn ich von Corona träume?

In Sachen Corona musste ich lange suchen, bis ich eine Interpretation meines schrägen Traumes fand: „Muss ich in Quarantäne, wenn ich von Corona träume? Nein, das Symbol zeigt lediglich an, dass man seine Energien schonen und Rücksicht auf seine Mitmenschen nehmen sollte.“ Wer fügt so einen Blödsinn in ein Traumdeutungsportal ein? Bestimmt kein Psychologe.

Die Spaßbremse

Das kann eigentlich nur Markus Söder gewesen sein. Der Corona-Streber schreckt vor nichts zurück. Er hat den jungen Menschen in meiner Nachbarschaft mittlerweile sogar das Trinken in der Öffentlichkeit verboten. Gut, ich würde auch nicht gerne am Münchner Gärtnerplatz wohnen, wenn dort abends 1.500 Hipsters ihren Frust betäuben, aber damit muss man rechnen, wenn man unbedingt in der Partyhochburg der Stadt wohnen will.

Am Münchner Gärtnerplatz darf nur noch Limonade getrunken werden.

Kein Spaß für Yuppies!

Wo sollen sie hin? Wohl am besten in ein Internierungslager, wenn es nach den Verantwortlichen im Münchner Rathaus ginge. Die haben längst grünes Licht für den Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken gegeben. Ja, sogar Hubschrauberüberwachung ab 21 Uhr ist mittlerweile Standard. Und wir reden wohlgemerkt nicht von gewalttbereiten Berliner Anarchos, sondern von windschnittigen Youngsters, die tagsüber als BWL-Studenten oder IT-Experten unterwegs sind. Was für eine grausame Erfahrung für die armen Yuppies.

Kindesmisshandlung

Nur noch getoppt vom Umgang mit den Allerjüngsten. Als ich den ballspielenden Knirps, circa fünf Jahre alt, in meiner Nachbarschaft frage, warum er denn eine Maske trage, erklärt er mir: „Damit niemand krank wird. Ich bin gefährlich für andere.“ Wer sagt so etwas zu seinem Kind? Was soll aus einem Kind werden, dass im Glauben aufwächst, gefährlich zu sein? Womöglich entwickelt es sich tatsächlich zu einem gefährlichen Menschen.

Fick Dich, Corona!

Eine befreundete Kindergärtnerin berichtet von hysterischen Kindern, die das Weinen anfangen, wenn man ihnen sagt, sie sollen die Masken abnehmen. Kinderärzte erleben dergleichen und noch Schlimmeres täglich. Einer berichtete sogar von einem Kind, dass meinte, es hätte Käfer an den Händen, die die Oma umbringen würden.

Psychotherapeutisch werden solche Frühschäden, ein Leben lang nicht mehr aufzufangen sein. Darin sind sich die meisten Therapeuten und Psychologen einig. Trotzdem geht der Wahnsinn immer weiter. Keiner ist bereit die Notbremse zu ziehen. Die panische Angst vor dem Virus lässt uns peu á peu zu herzlosen Monstern mutieren. Zombies halt. Daher sage ich: Fick Dich, Corona!

Die Bill Gates-Taste

Und nein, ich bin kein Corona-Leugner, ich habe sogar eine BG-Taste – BG wie Bill Gates – auf meinem Handy. Vor drei Tagen kam sie zuletzt zum Einsatz. Ich war zu einem Abendessen geladen. Man hatte mich neben einer fremden Dame platziert. Rote gefärbte Haare, Nasenring, indisches Halstuch, kurzum: Die Dame sah verdächtig aus. Nach halbstündigem Smalltalk bewahrheiteten sich meine Befürchtungen:

„Mal schauen, was Bill…“

„Mal schauen, was Bill Gates als Nächstes mit uns vorhat.“ Sie hatte Bills Nachnamen noch nicht ausgesprochen, da hatte ich schon meine Notfalltaste gedrückt. Kurz darauf klingelt mein Telefon, die Zeitansage meldet sich, ich täusche ein wichtiges Gespräch vor und verabschiede mich wegen eines dringenden familiären Notfalls. Ja, die Gates-Taste ist meinem Nervenkostüm sehr zuträglich.

Freies Impfen und freies 5G

Natürlich habe ich Bill im Anschluss via Email über die Verschwörerin aufgeklärt. Bill weiß so etwas zu schätzen. Er ist dankbar. Ich bin auf der Liste der Impfstoff-Aspiranten mittlerweile unter den Top 100. Und 5G werde ich sowieso ein Leben lang umsonst bekommen. Selbstverständlich wurde der Internetzugang des Nasenrings mittlerweile blockiert. Sie wird keinen Müll mehr über Bill verbreiten.

Ja, es gäbe genug zu lachen dieser Tage, wenn nicht alles so furchtbar traurig wäre. 

2 Kommentare

  1. eric eric

    I laughed through the whole article. So witty, Armin! Thanks

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