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Wenn die Nerven blank liegen

Ich habe mich impfen lassen. Gegen Gürtelrose. Mein Nachbar, Bodo, ein bekennender Hypochonder, hatte mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Impfung ein Must-have für alle zartbesaiteten Wesen sei. Nicht nur gut gegen Gürtelrose, sondern auch gut fürs Immunsystem und das Nervenkostüm.

Die Viruserkrankung, auch Herpes Zoster genannt, ist nicht nur unschön anzuschauen, sondern auch sehr schmerzhaft, da sie mit einer Nervenentzündung einhergeht. Sie tritt vor allem bei älteren Menschen auf und ist oft Stressbedingt. Normal wird eine Impfung erst ab dem 60. Lebensjahr empfohlen, aber bei Risikopatienten könne man das auch schon früher verantworten, wie mir mein Hausarzt erklärte.

Must-have-Impfung

Und jemand, der sich mehrmals im Monat hochdosierte Vitamininfusionen in die Venen jagen lässt, kann man wohl getrost als Risikopatienten betrachten. Gefühlt habe ich schon ein Dutzend Corona-Infektionen durchlaufen. Manche dauerten zwei Tage, andere zwei Wochen. Meine negativen Testergebnisse haben mich zwar mittlerweile eines Besseren belehrt, insofern man diesen überhaupt vertrauen kann, aber egal, mein Körper spielt mir dennoch dauernd Streiche. Es scheinen die Nerven zu sein. Das Corona-Gedöns stresst mich.

Entspannte Runde beim Italiener.

Der ganze normale Corona-Wahnsinn:

In einem Moment sitze ich mit zwei Kumpels beim Italiener um die Ecke, wir trinken gemütlich ein Gläschen, haben Spaß, ohne Masken, alles ganz entspannt, dann schwinge ich mich aufs Fahrrad und werde an der nächsten roten Ampel von dem vermummten Radl-Rambo zu meiner Rechten angeschnauzt, ich solle doch gefälligst Abstand halten.

Dann, Schlange vor der Bäckerei, vor mir eine Mutter mit Kinderwagen, wir kommen ins Gespräch, sie kommt gerade vom Impftermin beim Kinderarzt, wir verstehen uns auf Anhieb so gut, dass sie mir ihr Kind anvertraut, während sie zum Bäcker reingeht, ich halte das Kind im Arm, dutzi dutzi, natürlich ohne Maske, Mama kommt raus, bedankt sich freudestrahlend, ich gehe rein und werde von der Verkäuferin hinter der Plexiglasscheibe sofort angemault, meine Maske doch gefälligst nicht nur über den Mund, sondern auch über die Nase zu ziehen.

Beim Verlassen der Bäckerei ziehe ich die Maske sofort wieder runter, schnappe nach Luft und der nächste Vermummte in der Schlange springt angesichts meines Anblicks entsetzt aus dem Stand fünf Meter zurück, ganz so als ob ich der leibhaftige Satan wäre. So geht das hin und her. Den ganzen Tag. Liebe und Tod geben sich die Klinke in die Hand. Kein Wunder, dass meine Nerven verrückt spielen.

Ein gesunder Mensch sieht anders aus. © Ioana Farcas

 

Wahnsinnige ohne Fußfesseln

Ein paar Straßen weiter stoße ich auf Miriam, eine alte Bekannte, die mir ungeschützt Bussis auf die Backen drückt. „Ist ok, oder? Das mit den Masken ist doch eh totaler Blödsinn. Die verarschen uns alle mit diesen Corona-Maßnahmen. Die Wahrheit ist: Markus Söders Frau betreibt eine Firma für Maskenproduktion, ist doch klar, dass der uns zwingt die Dinger zu tragen. Das wird sich auch so schnell nicht ändern, solange seine Frau damit Geld verdient.“ Ja, ist klar, Miriam, das leuchtet ein.

Etwas später, im Yoga, lädt mich Kelly ein, gegen Corona und fürs Grundgesetz zu meditieren, mitten auf dem Münchner Rathausplatz am Samstagnachmittag. Ich solle meine Yogamatte mitbringen und im Anschluss gäbe es ein leckeres veganes Picknick. Ja, supi, Kelly, wollte ich immer schon mal machen.

In der Umkleide vom Studio dann Toni, der mir dringend empfiehlt mein Portfolio, um ein paar Pharma-Aktien zu erweitern. Schließlich hätten gewisse Pharmariesen das Virus im Labor erzeugt und gestreut, um infolge mit Impfstoffen ein Vermögen zu verdienen. Daran bestünde kein Zweifel, das wisse man in Börsenkreisen seit langem. Ja, ist klar, Toni, danke für den Tipp.

Sei erwähnt, dass die genannten Beispiele allesamt integrierte Mitbürger sind, die sich völlig frei unter uns bewegen dürfen. Sie tragen nicht mal Fußfesseln. Welche Viren sie befallen haben, weiß ich nicht. Vielleicht ist es Gürtelrose.

Meditieren für eine freie Pandemie

 

The chinese way

Das Kontrastprogramm in Sachen Freiheitskampf bekomme ich Zuhause schon vor dem Frühstück serviert. Wenn Weiwei morgens neben mir aufwacht, greift sie als erstes zum Huawei Smartphone und schickt eine Nachricht an ihre Firmenzentrale nach China, in der sie ihnen mitteilt, dass sie fieberfrei und wohlauf sei. Das ist Vorgabe für alle Auslandsmitarbeiter des chinesischen Konzerns. Sogar an Sonn- und Feiertagen. Am Wochenende mit mir nach Tirol zu fahren ist ihr laut Corona-Regelkatalog offiziell untersagt. Das alles hat weniger mit Fürsorge, sondern mehr mit Politik zu tun. Sollte sich morgens auch nur ein Mitarbeiter mit Fieber melden, wird die deutsche Filiale sofort in Lockdown geschickt. Das detaillierte Protokoll dazu liegt vor. Da die Firma in staatlichem Besitz ist, ist man tunlichst darauf bedacht, im Ausland kein schlechtes Bild abzugeben.

Weiwei bringt Farbe in mein Leben.

 

Weiwei ist wie Medizin.

Weiwei hat sich damit arrangiert und beschwert sich nicht. Eigentlich hätte sie gestern nach China fliegen sollen, da ihr Arbeitsvisum abgelaufen ist. Bei der Landung in Shanghai hätten ihr zwei Wochen Quarantäne in einer offiziellen Einrichtung geblüht. Nach der Weiterreise zur Firmenzentrale nach Qingdao, hätte sie erneut zwei Wochen Quarantäne über sich ergehen lassen müssen. Und wenn sie ihre Eltern in der Mongolei besucht hätte, hätte sie nochmal Quarantäne durchlaufen müssen. Weiwei hatte sich damit bereits abgefunden, als ihr kurz vor Abreise das Visum von den deutschen Behörden doch noch verlängert wurde. Sie hat sich natürlich sehr gefreut, aber sie hätte auch den anderen Weg akzeptiert und sich nicht beschwert angesichts der Beschneidung ihrer Freiheiten.

Ist halt so, das sind die Regeln, da muss ich mich dran halten. Ich kann es nicht ändern, also rege ich mich darüber auch nicht auf. Von solch einem tiefenentspannten Zustand kann ich nur träumen. Weiwei ist quasi mein Antidot. Sie ist beste Medizin, die ich meinem strapazierten Nervenkostüm zukommen lassen kann. Ich lerne täglich von ihr.

Autofahren in München ist aktuell eine Zerreißprobe für die Nerven. © Johanna Lohr

 

Die Verkehrsdiktatur.

Ich fahre Weiwei morgens stets mit dem Auto ins Büro. Für die 15-minütige Strecke braucht man aktuell 45 Minuten. Die ganze Stadt ist eine einzige Baustelle. Irgendwelche Schlaumeier im Rathaus hatten mit Pandemie-Beginn beschlossen, dass es der ideale Zeitpunkt wäre, die städtische Infrastruktur zu sanieren. Dass das Verkehrschaos Gift für Corona-gestresste Patienten ist, hatten sie dabei nicht bedacht. Vielleicht haben sie sich gedacht, dass man in solch totalitären Zeiten alles durchsetzen kann. Vielleicht haben sie auch überhaupt nicht nachgedacht, sondern einfach nur gemacht. So wie vieles gerade etwas willkürlich und unüberlegt erscheint.

So wurde das grüne München plötzlich als Fahrradunfreundlich bezeichnet. Die rot-grüne Stadtregierung hat den Autofahrern den Kampf angesagt. Mit verheerenden Auswirkungen. Plötzlich gibt es überall Pop-up-Radlwege, obgleich es dafür weder Notwendigkeit noch Platz gibt. Als Fahrradfahrer brauchte man sich in München bisher eigentlich nicht beschweren.

Fahrradfahern ist in München schon lange ein gängiges Fortbewegungsmittel.

 

Fahrrad gut! Auto böse!

Im Gegenteil, als Fußgänger muss man in der Begegnung mit Radfahrern nicht selten um sein Leben fürchten. Nicht umsonst wurde hier einst der Begriff des Radl-Rambos geboren, da die Zweiräder gerne Vorfahrt im Rahmen eingebaut haben. Ich selber fahre auch regelmäßig Fahrrad, aber halt auch Auto, was mir im Zweifel wichtiger ist. Plötzlich kochen Diskussionen hoch, dass man Autos komplett aus der Münchner Innenstadt verbannen solle. Und Besuchern von außerhalb soll die Zufahrt zur Stadt sowieso am besten komplett untersagt werden.

Das Ganze gleicht einem ideologischen Kampf von Gut gegen Böse. Fahrrad gut! Auto böse! Eine grüne Diktatur steht in den Startlöchern. Sie missbrauchen die Pandemie, um ihre Agenda durchzuboxen. Plötzlich sind die Grünen genauso skrupellos und Machtversessen wie alle anderen. Ich habe immer Grün gewählt, aber das ist jetzt vorbei. 

Ein Besuch mit Symbolkraft Merkel kam als erster Kanzler zur bayerischen Kabinettssitzung nach Herrenchiemsee.

Frauen an die Macht!

Natürlich werde ich trotzdem nicht Herrn Söders Stammtischtruppe wählen. Unser MP scheint tatsächlich das Rennen um die Kanzlerkandidatur für sich zu entscheiden. Warum sonst hätte Merkel seiner Kabinettssitzung auf Herrenchiemsee beiwohnen sollen. Sollte wohl ein Zeichen sein. Man könnte glatt meinen, dass die Kanzlerin möchte, dass ihr Nachfolge-Kandidat scheitert. Wer bitte wählt in Dortmund, Hamburg oder Berlin einen fränkischen Faschingsprinzen zum Kanzler?

Aber derlei eitles Kalkül passt eigentlich nicht zur Kanzlerin. Ich finde Merkel allein deswegen schon so sympathisch, weil sie so herrlich unprätentiös ist. Außerdem finde ich es beruhigend, von einer Frau regiert zu werden, weil denen der Schwanz beim Regieren nicht in die Quere kommt. Sie müssen nicht dauernd ihre Potenz beweisen und haben kein Spaß an Kriegsspielzeug. Für meinen Geschmack ist da kein wählbarer Kandidat in Aussicht. Wenn morgen Wahlen wären, würde ich nicht hingehen.

Oscar-Preisträger Malkovich spielte in über 100 Hollywoodproduktionen.

Ich bin Anti-Sozial. Das ist meinem Nervenkostüm sehr zuträglich.

Hollywoodstar John Malkovich, 66, hat mir dazu bei seinem letzten München-Besuch ein paar interessante Einblicke gewährt: „Ich finde es prinzipiell beunruhigend, wenn Menschen in Positionen kommen wollen, in denen sie anderen Menschen vorschreiben, was sie zu tun haben. Da läuten bei mir alle Alarmglocken. Ich glaube auch nicht, dass wir uns in so apokalyptischen Zeiten befinden, wie gewisse Leute, die davon profitieren, uns das glauben lassen wollen. Ich war mit 19 Jahren, als George McGovern gegen Richard Nixon verlor, das letzte Mal beim Wählen. Ich schaue nicht mal CNN, das einzige was in meinem Fernseher läuft ist College Basketball.

Ich vermeide jede Form von Stress.

Das gilt natürlich genauso für die sozialen Netzwerke. Dieser Informationsüberflutung setze ich mich nicht aus. Niemals würde mir einfallen, meine Zeit mit Kommentaren im Internet zu verschwenden. Ich bin Anti-Sozial. Das ist meinem Nervenkostüm sehr zuträglich.“ 

9 Kommentare

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