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Servus, Fritz!

Zusammen mit Fritz' ältesten Freund Bernd Herzsprung beim Fischessen im Wepper'schen Stammlokal "Papazof's"

„Zufall ist, wenn das Schicksal sich eine Maske aufsetzt, um nicht erkannt zu werden.“ Ein Lieblingszitat von Fritz Wepper. Sein Schicksal war, dass er nicht nur seine Frau Angela (†2019), sondern auch seinen jüngeren Bruder Elmar (†2023) überleben musste. Für den Familienmenschen war das nur sehr schwer zu verkraften. Es hat ihn seines Lebenswillens beraubt. Jetzt ist Fritz im Alter von 82 Jahren auch von uns gegangen. Nach langer Krankheit und unzähligen OPs ist Fritz am Montag (25. März 2024) in einem Hospiz friedlich eingeschlafen.

Liza Minelli: „Es bricht mir das Herz, Fritz war ein ganz besonderer Teil meines Lebens!“ (Bild)

Jetzt ist der auf der anderen Seite angekommen, wo seine Liebsten ihm bestimmt den roten Teppich ausrollen. Ich habe daran keinen Zweifel. Fritz auch nicht. Dieser Glaube war unser verbindendes Element. Wir haben oft über Seelenwanderung gesprochen und uns über verschiedene spirituelle Ansichten ausgetauscht. Ja, Fritz war mehr als nur der Filou, für den ihn viele hielten.

„Ich sah Angela strahlend im Himmel schweben.“

Ich habe Fritz Wepper vor 20 Jahren als Journalist bei einem Interviewtermin kennengelernt, was anfangs kein Spaziergang war, denn Fritz erzählte zwar gerne Geschichten, nur hatten diese zumeist nichts mit den Fragen des Interviewers zutun. Außerdem hegte er nicht sonderlich viel Sympathien für die schreibende Zunft. Wir fanden dennoch einen Draht zueinander. Im Laufe der Zeit war der Draht so gut und mein Wepper-Wissen so profund, dass wir uns für Interviews nicht mehr treffen mussten. Wann immer er etwas öffentlich kommunizieren wollte, dichtete ich ein paar Zeilen und ließ sie von ihm absegnen. 

Eine besonders schöne Zeile entstand bei unserem letzten Treffen: „Der Seelenarzt, der mir nach Angelas Tod geholfen hat, das alles anzunehmen, wollte von mir ein Musikstück genannt bekommen, das uns beide verband. Als er mir Tschaikowskys Klavierkonzert Opus 23 in B-Moll vorspielte, während ich auf seiner Liege lag, sah ich Angela strahlend im Himmel schweben. Mir sind keine Tränen, sondern Wasserbäche runtergelaufen. Das war mir eine seelische Beruhigung. Seitdem sind Angela und ich in täglichem Zwiegespräch, und ich habe keinen Zweifel, dass wir uns wiedersehen werden.“

Fritz Wepper drehte über 70 Filme, darunter der Oscar-prämierte "Cabaret" und der Golden Globe Gewinner "Die Brücke". Ferner spielte er über 600 Episoden-Hauptrollen in TV-Serien, wie "Derrick", "Der Kommissar", "Zwei Brüder", "Mord in bester Gesellschaft" und "Um Himmels Willen"

Er gewann 6 Bambis, 2 Bayerische Fernsehpreise, Filmband in Gold, Goldene Kamera, Goldene Europa, Deutscher Fernsehpreis, Karl-Valentin-Orden, Goldene Henne

„Das Beste ist gerade gut genug!“

Bei meinem letzten Hausbesuch musste ich Fritz Weißwürste mitbringen, wohlgemerkt keine beliebigen, sondern schlachtfrische Exemplare von Münchens Weißwurst-Papst Wallner. Dazu ofenwarme Brezn aus seiner favorisierten Bäckerei (Hauer Grünwald) und frisches Bier aus der Brauerei seines Vertrauens am Tegernsee. „Bei so elementaren Dingen kenne ich keine Kompromisse, das Beste ist gerade gut genug“, pflegte er zu sagen.

Auch die Kapitel meines China Manuskripts hat er während der Entstehungsphase stets als einer der ersten gelesen. Er war so fasziniert von dieser, ihm fremden Kultur, dass er mich zusammen mit seinem Freund Bernd Herzsprung nach China begleiten wollte. Daraus wird jetzt nichts mehr, lieber Fritz. In Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit, hier ein Brüdergespräch, aufgenommen an eurem liebsten Fischwasser, der Traun am Chiemsee. Petri Heil, Fritz!

Fischer sind bei Petrus bestimmt willkommen

"Wir sind Jäger, keine Angler!"

Wie kommen zwei Jungs, die ohne Vater aufgewachsen sind, zum Angeln?

Fritz: Unser Urgroßvater, Großvater und Vater waren allesamt Jäger. Die Tradition konnte zwar nicht weitergegeben werden, aber die Genetik hat sich trotzdem ihren Weg gesucht. Der Drang und die innere Stimme waren nicht zu überhören. Ich fing mit 14 an und Elmar folgte mir wenig später.

Elmar: Daraus ist ein wunderbares Ritual gewachsen. Wenn wir uns manchmal längere Zeit aus beruflichen Gründen aus den Augen verlieren, sagen wir: Lass uns ans Wasser gehen!

Fritz: Und an unserem Lieblings-Wasser, an der Traun, braucht es dann nicht viele Worte, damit wir uns nahe sind. Wir entnehmen zwei Forellen, räuchern sie und trinken dazu: keinen guten Wein, sondern einen sehr guten Wein!

Elmar: Außerdem sind sind wir keine Angler, sondern Sportfischer. Der Unterschied ist, dass der Angler seinen Köder auswirft und wartet, dass was beißt, während der Fischer sich aktiv auf die Jagd begibt.

Fritz: Deswegen bezeichnet man die Fliegenfischer auch als „die kleinen Jäger“. Man geht ins Wasser, schaut wo ein Fisch steigt oder steht und versucht ihn dann anzuwerfen. Es ist eine Fertigkeit, die geübt werden will, die Fliege genau der Forelle zu platzieren. Das heißt etwa zwei Meter auf der Höhe, wo sie steht.

Elmar: Eine Kunst, die mein Bruder besser beherrscht als ich, da er seine sehr gute Casting-Schule in der Schweiz besucht hat. Man nennt das gezielte Anwerfen „Casten“. In Kanada habe ich mal den amtierenden Casting-Weltmeister getroffen, der konnte aus 30 Meter Entfernung einen Bierdeckel treffen.

Fritz: Da können wir nicht mithalten. Zumal ich mein letztes Film-Casting für „Cabaret“ hatte. (lacht) Seitdem gab es bei mir nur noch Castings am Wasser.

Gibt's Wettkampf unter Brüdern?

Elmar: Da gibt es keinen Wettkampf, man freut sich über jeden Biss.

Fritz: Konkurrenzkampf ist uns fremd, wir haben absolute Gleichberechtigung. So sind wir erzogen worden. Meine Mutter nannte mich Elmar und den Elmar Fritz – mehr Gleichheit geht nicht.

Elmar: Genau, es war immer paritätisch und unfair. (lacht)

Fritz: Ich gebe zu, dass ich als Kind meinen Altersvorteil schon auszunützen wusste. Ein Beispiel: Wenn wir mit der Eisenbahn spielen wollten, sagte ich zu Elmar: Hol sie raus! Wenn wir fertig waren und Mutti wollte, dass wir sie wegräumen, sagte ich zu ihm: Wer sie rausgeholt hat, räumt auch auf.

Elmar: Wenn er die Eisenbahn aufgebaut hatte und ich sagte: Fritz, räum du sie wieder weg! Da hat er gesagt: Ich habe sie schon aufgebaut, da kannst du sie wenigstens wegräumen.

Fritz: So läuft das halt mit den Erstgeborenen. (lacht) Ich hatte anfangs ganz schön zu knabbern daran, als plötzlich der kleine Elmar bei uns in der Wiege lag. Ich drückte ihm den Finger ins Auge, weil ich wissen wollte, ob er echt oder nur eine Puppe ist.

Elmar: Und zur Mutti hast du gesagt: Bleibt der jetzt für immer?

Fritz: Trotzdem habe ich dich immer brav im Kinderwagen durch die Gegend geschoben. Aber die richtige Bruderliebe habe ich erst entdeckt, als du mit Scharlach im Krankenhaus lagst. Da habe ich dich plötzlich vermisst.

Elmar: Und du standst mit traurigen Augen hinter der Glasscheibe der Quarantäne-Station. Ich habe das Bild noch vor Augen.
War der große Bruder Vorbild?

Elmar: Na ja, es gab schon ein paar Dinge, um die ich ihn beneidet habe. Er war immer lockerer und draufgängerisch als ich. Seine Spontanität würde ich mir manchmal wünschen. Auch heute noch bewundere ich seine entspannte und selbstsichere Art zu schauspielern, die ich so nicht habe. Das komische Fach hast du einfach besser drauf als ich.

Fritz: Dem muss ich widersprechen. Allein schon wegen dem Kasperltheater, das wir als Kinder spielten. Wir spannten eine Wäscheleine, Handtuch drüber und haben eigene Geschichten inszeniert. Unser Krokodil war immer total demoliert von Kasperls Stockhieben.

Elmar: Und rate mal, wer das total verprügelte Krokodil spielte?

Wurden da die ersten schauspielerischen Weichen gestellt?

Fritz: Das waren die ersten Gehversuche. Konkreter wurde es, als wir zusammen im Münchner Theater Kleine Freiheit auf der Bühne standen. Elmar war 13, ich 16. Nach der Vorstellung kam Bernhard Wicki zur Straßenbahnhaltestelle, wo wir auf die Tram warteten, und hat uns ein Kompliment gemacht, was drei Jahre später für mich mit „Der Brücke“ noch Nachwirkungen hatte.

Elmar: Fritz wollte ganz früh und ganz bewusst Schauspieler werden, hat damals schon en Suite Hauptrollen gespielt, wogegen ich  kein ernsthaftes Interesse an dem Beruf hatte. Ich habe die Bundeswehr absolviert und habe Theaterwissenschaft und Germanistik studiert. In die Schauspielerei bin ich reingerutscht – mehr nolens als volens. Ohne Fritz wäre das sicher nicht passiert. 

Stand eure Mutter immer hinter allen euren Entscheidungen?

Fritz: Ja, Mutti hat uns immer an der langen Leine gelassen. Von ihr gab es nur Liebe.

Elmar: Ganz viel Liebe!

Fritz: Das einzige Verbot waren Vereine und Fahnen jeglicher Art. Aufgrund ihrer Nazi-Erinnerungen und den Verlust ihres Ehemannes, gestatte sie uns keinerlei Vereinsmitgliedschaften. Nicht mal Fußballverein, das war ihr zu proletarisch.

Elmar: Dafür durften wir Skifahren, Tennis- und Klavierspielen, was zur damaligen Zeit alles andere als selbstverständlich war. Aber unsere Mutter hat alles möglich gemacht und gefördert.
Albtraum-Job: Ich moderierte das sogenannte Versöhnungsgespräch zwischen Ehefrau Angela (†2019) und ihrer Nebenbuhlerin Susanne Kellermann. Danach war ich eine Woche lang krank.
Wer hat euch aufgeklärt?

Elmar: Die Straße hat uns aufgeklärt.

Fritz: Mutti hat das mit elf einmal bei mir probiert, da habe ich gesagt: Ist schon passiert!

Elmar: Man musste uns nichts von Bienchen und Klapperstörchen erzählen. Wir wuchsen in einer Zeit der sexuellen Befreiung auf. Und da hat jeder so seine eigenen Erfahrungen gemacht. Fritz war 16, als ich mich grade mal von meinen Teddybären trennen musste. Mit 18 fuhr er Porsche, ging auf Partys und führte ein total anderes Leben als ich.

Zwei Brüder, die konträrer nicht sein könnten, heißt es bis heute.

Elmar: Er, der Extrovertierte und ich der Stille - ich kann es nicht mehr hören. Ich sitze nicht still und phlegmatisch auf der Wiese und lächle sanft in die Natur, das bin ich nicht. Genauso wenig, wie mein Bruder ein Filou ist. Die moralinsauere Aufregung um seine außereheliche Vaterschaft habe ich nie geteilt. Zumal die kleine Filippa ein ganz bezauberndes Mädchen ist, zu der Fritz eine ganz tiefe und innige Bindung hat. Ich denke, etwas Wertvolleres als Liebe kann man seinen Kindern nicht mit auf den Weg geben.

Fritz: Das hat uns unsere Mutter so vorgelebt. Durch sie haben wir gelernt, das alles im Leben über Liebe und Zuneigung funktioniert. Elmar und ich sind uns viel ähnlicher, als wir uns unähnlich sind. Sonst würde das auch nicht so gut harmonieren zwischen uns.

Glaubt ihr, dass euer Vater zufrieden auf euch herunterschaut?

Elmar: Warum nicht? Es gibt schlimmere Kinder als uns.

Fritz: Glaube ich auch. Ich bin öfters mal mit ihm im Zwiegespräch, weil ich ihn so vermisse, und die Signale, die da kommen, lassen mich an seine Zustimmung glauben.

Fritz, der Reflektor

Fritz war laut Human Design System ein sogenannter Reflektor. In dem astrologisch basierten System wird die individuelle energetische DNA (basierend auf den detaillierten Geburtsdaten) in einer Art Bauplan dargelegt, um zu zeigen, was für Potenziale das Universum uns mitgegeben hat. Fritz war mit HDS vertraut. Das Päckchen, das er zu tragen hatte, war denkbar schwer. Reflektoren sind eine sehr seltene Spezies, man spricht von circa einem Prozent der Menschheit, was alleine schon mal Grund genug ist, sie nicht zu verstehen. (Jürgen Klinsmann und Michael Jackson sind zwei weitere Paradebeispiele) Ja, für gewöhnlich verstehen sich Reflektoren selbst kaum, da sie aufgrund ihrer enormen Offenheit ständig von ihrer Umwelt konditioniert werden. Infolge entwickeln Reflektoren eine sogenannte Teflon-Aura, die sie an- und ausschalten können. Entweder man ist drinnen oder draußen. Die meisten Menschen sind draußen, denn der Reflektor hat kein wirklich tieferes Interesse an anderen Menschen. Drinnen sind beim Reflektoren üblicherweise nur allerengste Familienmitglieder und eventuell ein paar handverlesene Jugendfreunde (Bernd Herzsprung & Poldi von Bayern), denn sie bieten Stabilität. Stabilität ist wichtig für das Wohlbefinden des Reflektoren. Bestimmt auch ein Grund, warum Fritz so lange in Serienrollen spielte. Und womöglich auch ein Grund, warum es nach dem Tod seiner Ehefrau rapide abwärts ging mit seiner Gesundheit.

6 Kommentare

  1. wolfgang wolfgang

    nette Erinnerungen an die Gebrüder Wepper. Mein ehemaliger Chef ( Michael Scherzberg ) ist mit der Mutter ( Inge ) von Elmars Sohn verheiratet. So klein ist die Welt.
    Fritz und Elmar werden fehlen.

  2. Lieber Armin Lissfeld, ich habe Ihre Erinnerungen an Fritz Wepper, die mir unser gemeinsamer Freund Bernd Herzsprung geschickt hat, mit Begeisterung, Rührung und einigen Tränen in den Augen gelesen. Die „Reflektor“-Theorie passt absolut zu ihm! Sehr schön die Fotos mit Fritz, Aaron, Bernd und Ihnen! Wir haben auch viele, stundenlange Interviews geführt, meistens über filmspezifische Themen; da hat er sich sehr darüber gefreut, vor allem darüber, dass ich ihn als „deutsche Antwort auf James Dean“ in Rolf Olsens genialen, halbdokumentarischen Reißer „Wenn es Nacht wird auf der Reeperbahn“ (1967) bezeichnete. Meinen Sibirischen Wolfhund Husky Felix, der jetzt 13, aber noch topfit ist, mochte der ausgewiesene Hundefreund sehr, Ich schicke Ihnen hier meine Gratulation zu seinem 80. Geburtstag mit vielen O-Tönen aus unseren Gesprächen: https://spirit-fanzine.de/heroes/pdf/Fritz_Wepper_2021.pdf Danke nochmals für Ihren Nachklang! Mit Fritz geht einer der GRÖSSTEN deutschen Schauspieler aller Zeiten. Er ist jetzt mit seinem wundervollen Bruder Elmar, dem ich 2009 den Preis des Verbandes der deutschen Filmkritik als Bester Darsteller für „Kischblüten – Hanami“ übergeben durfte, eine Etage höher wieder vereint. Herzliche Grüße und einen schönen Oster-Ausklang wünscht Ihnen Marc Hairapetian

  3. Wolfgang Seybold Wolfgang Seybold

    Fritz und Elmar unterschieden sich vor allem in ihrer Geselligkeit. Während Elmar eher zurückhaltend, fast scheu war, war Fritz der Prototyp der“ Rampensau“. Wenn es ihm gefiel ging er als Letzter und trank dabei bis die Flaschen leer waren. Seine Gabe. Witze zu erzählen, ist unerreicht und wird unerreicht bleiben. Sein Repertoire war absolut UNERSCHÖPFLICH.

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